Der Mythos des Garagen-Startups ist fester Bestandteil der Unternehmerkultur. Als Steinmetz vor 50 Jahren gegründet wurde, sprach in Deutschland zwar noch niemand von „Startups“ und „Entrepreneurship“, aber mit dem Gründerfeeling in der Garage kennt sich Barbara Steinmetz aus. Für unser Jubiläumsmagazin haben wir auch mit der Inhaberfamilie gesprochen.
Aus welcher Idee heraus ist Steinmetz eigentlich entstanden?
Barbara Steinmetz: Mein Schwiegervater hatte eine Handelsvertretung für Papierprodukte und mein Mann und ich sahen Anfang der 70er Jahre die große Nachfrage nach Briefumschlägen und Versandtaschen. So gründeten wir unser Handelsunternehmen – anfangs in unserem Haus, mit Lager in einem Schuppen. Doch unser Auftragsvolumen wuchs so schnell, dass wir schon 1975 ein Grundstück in Schenefeld gekauft und dort gebaut haben, die erste Halle, bald eine zweite Halle.
Sie haben anfangs nur gehandelt?
Barbara Steinmetz: Ja, genau. Bald haben wir auch selbst bedruckt und irgendwann war die Nachfrage nach unseren Umschlägen höher, als wir sie beschaffen konnten. Da fiel die Entscheidung: Wir brauchen eigene Maschinen! Es ergab sich damals, dass wir eine Betriebsaufgabe in Kiel als Produktionsstätte übernehmen konnten, später kam dann Jülich dazu. So ist Steinmetz immer weiter gewachsen. Es war ja die Hoch-Zeit des Umschlags – jedes Unternehmen verschickte seine Unterlagen per Post, egal ob Banken, Versicherungen, Krankenkassen, Personalabteilungen, dazu jede Menge Werbematerialien.
Sie waren bei der Gründung Mitte 20 und Mutter von zwei kleinen Töchtern. Wie haben Sie Arbeit und Familie organisiert?
Barbara Steinmetz: Heute würde man das wohl “Homeoffice” nennen. Wir hatten auch beim Neubau ganz bewusst unsere Wohnung mit ins Firmengebäude integriert. Sonst hätte das nicht funktioniert, ich habe ja von Anfang an Vollzeit mitgearbeitet.
Vermutlich eine schlechte “Work-Life-Balance”?
Barbara Steinmetz: Wir haben uns so organisiert, dass es läuft, mit kurzen Wegen zwischen Wohnen und Arbeiten. Es war schon mordsmäßig viel Arbeit, tagsüber im Büro, abends an den Druckmaschinen. Natürlich vermischen sich da schon mal Beruf und Privatleben, die Grenzen werden fließend, vor allem wenn Wohnen und Arbeiten so eng zusammenliegen. Aber das gehörte einfach mit dazu.
Bettina Steinmetz: Im Teenageralter habe ich das manchmal als fehlende Privatsphäre wahrgenommen, aber wenn ich heute so zurückschaue, war die Firma für uns Kinder ein riesiger Abenteuerspielplatz. Wir sind im Schlafanzug runtergesaust in die Druckerei, saßen bei den Mitarbeitern auf dem Schoß oder sind mit den LKW-Fahrern zum Ausliefern gefahren. Urlaubsreisen waren oft auch Geschäftsreisen.
Bastian Steinmetz: Im Lager unten hängt noch der Basketballkorb, wo ich mit meinen Freunden stundenlang Basketball gespielt habe. Und wir wussten natürlich auch, wo die Gabelstaplerschlüssel liegen …
Bettina Steinmetz: Ein weiterer Vorteil war, dass unsere Eltern immer da waren, obwohl sie Vollzeit gearbeitet haben. Wir haben zum Beispiel mittags zusammen gegessen, oft stand auch mein Vater am Herd und hat gekocht, wenn ich aus der Schule kam, das war für ihn Entspannung.
Also keine klassischen Rollen-Klischees?
Barbara Steinmetz: Darüber habe ich eigentlich nie nachgedacht. Ich habe schon immer alles gemacht, LKWs beladen, Druckmaschinen bedient oder bin allein zu Auslandskunden zu Druckabnahmen gefahren. Das war auch gut so, denn als mein Mann früh starb, hatte ich das Vertrauen der Banken und auch der Mitarbeiter.
Bettina Steinmetz: Typische “Rollen” waren bei uns zuhause einfach kein Thema. Auch wir Kinder wurden in alles eingebunden, es wurde offen über Entscheidungsfindungen diskutiert.
War in der Diskussion, ob Steinmetz angesichts der wachsenden Herausforderungen weitergeführt wird?
Barbara Steinmetz: Wir waren uns immer einig, dass wir weitermachen und dass wir einen Weg finden, das Unternehmen rentabel zu halten.
Bettina Steinmetz: Ich bin einen anderen Weg gegangen und nach einem Wirtschaftsinformatik-Studium heute im Bereich BI selbstständig. Aber auch diese Begeisterung für Informatik in Verbindung mit unternehmerischen Entscheidungen hat ihre Wurzeln bei Steinmetz. Ich habe ja meine Ausbildung hier gemacht und das war nochmal ein anderer Blick auf die Zusammenhänge. Auch während des Studiums habe ich immer mal wieder mitgeholfen, bei Tagungen oder als Urlaubsvertretung. Ich bin von klein auf reingewachsen und nie mehr ganz raus – schließlich bin ich auch noch Gesellschafterin.
Bastian Steinmetz: Ich wollte den Betrieb schon immer gerne übernehmen und bin deshalb direkt nach dem BWL-Studium eingestiegen. Mein Faible ist alles Technische – ich mache vor allem Produktionsplanung und Einkauf, mein Co-Geschäftsführer Frank Springob kümmert sich um die Bereiche Kundenbetreuung und Vertrieb. Strategische Fragen diskutieren und entscheiden wir gemeinsam. Das hat sich super eingespielt.
Und noch ein Ausblick: Wie geht es bei Steinmetz weiter?
Bastian Steinmetz: Wir haben ein gesundes Unternehmen ohne Investitionsrückstau. Der Markt konsolidiert sich, die Zeiten für Massenware sind vorbei und damit wird das Umschlag-Business für Konzerne uninteressant. Überleben werden mittelständische Unternehmen wie wir, mit einem cleveren Portfolio und effizienten Prozessen. Ich bin zuversichtlich, dass uns das bei Steinmetz gelingt.
Barbara Steinmetz: Ich habe mich kürzlich aus der Geschäftsführung zurückgezogen, helfe nur noch ein paar Stunden die Woche bei Papier-Kalkulationen und Statistik. Aber ich mische mich nicht mehr ein. Irgendwann ist es gut und man muss loslassen können. Bastian und Frank Springob werden das gut machen.
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